Das „Vienna International Arbitral Centre“ (VIAC), die Schiedsinstitution der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), erhielt Anfang Juli 2019, als erst zweite internationale Schiedsinstitution den Status einer „permanenten Schiedsinstitution“ in der Russischen Föderation („PAI-Status“).
Nötig geworden war die Registrierung durch das Inkrafttreten eines neuen russischen Gesetzes im Jahr 2016, das den Wildwuchs von vor allem lokalen Schiedsinstitutionen eindämmen und das Vertrauen der Wirtschaft in die russische Schiedsgerichtbarkeit steigern soll. Das neue Schiedsgerichtsgesetz erhöht die Anforderungen an die Schaffung ständiger Schiedsinstitutionen.
Am 18. Juni 2019 hatte der Rat zur Förderung der Schiedsgerichtsbarkeit dem russischen Justizministerium empfohlen, VIAC den Status einer permanenten Schiedsinstitution zu verleihen. Am 4. Juli hat das russische Justizministerium diese Registrierung erteilt. Diese Registrierung ist entscheidend, um die Vollstreckung von VIAC-Schiedssprüchen bei internationalen Schiedsverfahren auch in Zukunft in der Russischen Föderation zu gewährleisten.
Der PAI-Status des VIAC hat nach russischem Recht erhebliche Konsequenzen. Erstens bedeutet er, dass das VIAC befugt ist, bestimmte Arten russischer Streitigkeiten zu administrieren, die andere Institutionen nicht administrieren dürfen, nämlich bestimmte russische gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten und Streitigkeiten über Auftragsvergaben. VIAC kann auch bestimmte russische rein nationale Streitigkeiten administrieren. Zweitens können Parteien in von VIAC administrierten Schiedsverfahren mit Sitz in Russland (i) Rechtshilfe von russischen Gerichten bei der Beweiserhebung in Anspruch nehmen und (ii) bestimmte Aspekte der Gerichtsaufsicht ausschließen; diese Optionen stehen nicht zur Verfügung, wenn das Schiedsverfahren von einer internationalen Schiedsinstitution ohne PAI-Status administriert wird.
Da einige Bereiche der Lizenz sowie des russischen Rechts klärungsbedürftig erschienen, reichten VIAC und HKIAC am 10. Februar 2020 beim russischen Justizministerium und beim Rat für die Entwicklung der Schiedsgerichtsbarkeit beim russischen Justizministerium einen gemeinsamen Antrag auf bestimmte Klarstellungen ein (hier verfügbar) in Bezug auf Fragen gebeten: (i) gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten; (ii) Beschaffungsstreitigkeiten; (iii) rein nationale Streitigkeiten; (iv) Unterschiede zwischen von einer PAI administrierten Schiedsverfahren und ad-hoc-Verfahren; und (v) die Folgen, wenn eine PAI ein Schiedsverfahren administriert, zu dessen Administration sie nicht befugt ist.
Am 27. Mai 2020 übermittelte der Rat seine Antwort auf den gemeinsamen Antrag (in Russisch hier, inoffizielle englische Übersetzung hier). Diese gibt die Meinung der Arbeitsgruppe Nr. 2 über ausländische Schiedsgerichtsinstitutionen des Rates wieder und ist nicht bindend für Gerichte oder andere Regierungsstellen.
Eine von VIAC erstellte Zusammenfassung der vom Rat bekannt gegebenen Klarstellungen finden Sie hier.