Die neuen Regeln brachten – unter anderem - folgende wesentliche Änderungen:

  • Die Zuständigkeit von VIAC wurde in Artikel 1 Abs 1 WR und Artikel 1 Abs 1 WMR neu definiert, um die Bereiche „Investitionsverfahren“ sowie „VIAC als Ernennende/Administrierende Stelle“ und „einseitig angeordnete Schiedsvereinbarungen“ ausdrücklich zu umfassen.

  • Da alle neuen Verfahren seit 1.1.2018 mit Hilfe unserer elektronischen Datenbank administriert werden und für Parteien und Schiedsrichter seit 1.3.2021 auch das VIAC-Portal für den sicheren Austausch von Falldaten zur Verfügung steht, wurden die Bestimmungen zur Einbringung der Schiedsklage und zur Übermittlung von Schriftstücken entsprechend angepasst (Artikel 7, 12 und 36 WR und Artikel 1 und 3 WMR).

  • Prozessfinanzierung wird mittlerweile in vielen Verfahren verwendet. Mit der Definition in Artikel 6 Z 1.9 sowie einer Bestimmung in Artikel 13a WR sollen dafür die Rahmenbedingungen geschaffen werden, vor allem um die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter durch entsprechende Offenlegungen zu gewährleisten.

  • Die Wiener Regeln halten nun ausdrücklich fest, dass mündliche Verhandlungen in personam oder auf andere Weise (z.B. über Videokonferenztechnologie - siehe dazu das „Vienna Protocol - A Practical Checklist for Remote Hearings") durchgeführt werden können; das Schiedsgericht entscheidet darüber unter Berücksichtigung der Ansichten der Parteien und der besonderen Umstände des Falls (Artikel 30 Abs 1 WR). Ähnliches gilt für Mediationssitzungen (Artikel 9 Abs 3 WMR).

  • Des Weiteren ist nun ausdrücklich und klarstellend festgehalten, dass das Schiedsgericht zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens berechtigt ist, die Parteien in ihrem Bemühen um einem Vergleich zu unterstützen (Artikel 28 Abs 3 WR).

  • Eine weitere Bestimmung zur Steigerung der Verfahrenseffizienz enthält Artikel 32 Abs 2 WR, der nunmehr eine Frist für die Erlassung des Schiedsspruchs normiert. Ein Schiedsspruch ist demnach spätestens drei Monate nach der letzten mündlichen Verhandlung über den Entscheidungsgegenstand des Schiedsspruchs oder nach der Einreichung des letzten zugelassenen Schriftsatzes über diesen Entscheidungsgegenstand - je nachdem, was später erfolgt - zu erlassen. Diese Frist kann von der Generalsekretärin auf begründeten Antrag oder auf eigene Initiative verlängert werden.

  • Das Schiedsgericht kann nunmehr in jedem Stadium des Schiedsverfahrens auf Antrag einer Partei eine Kostenentscheidung gemäß Artikel 44 Abs 1 Z 1.2 und Z 1.3 fällen und Zahlung anordnen (Artikel 38 Abs 3 WR) und muss diesbezüglich nicht auf den Endschiedsspruch warten.

  • Bei der Festsetzung der Kostenvorschüsse sowie der Schiedsrichterhonorare hat die VIAC-Generalsekretärin mehr Flexibilität, um auf die größere Komplexität vor allem bei Mehrparteienverfahren einzugehen (Artikel 42 und 44 WR).

  • Die Kostentabelle in Anhang 3 wurde ebenfalls überarbeitet. Während die Einschreibegebühr und Verwaltungskosten für niedrige Streitwerte gleich geblieben sind, wurden die Verwaltungskosten ab einem Streitwert von EUR 100.000 und die Schiedsrichterhonorare ab einem Streitwert von EUR 200.000 erhöht, um einerseits der Komplexität in Verfahren sowie den erweiterten Serviceleistungen von VIAC (HighQ File-Sharing Plattform, elektronische Case-Management-Datenbank) Rechnung zu tragen. VIAC bleibt dennoch im internationalen Vergleich für Parteien aus Kostensicht sehr attraktiv; gleichzeitig wird sichergestellt, dass Schiedsrichter für anspruchsvolle Verfahren mit hohen Streitwerten fair entlohnt werden.

  • Der Haftungssausschluss in Artikel 46 Abs 1 WR wurde auf Sekretäre des Schiedsgerichts ausgedehnt. Außerdem wurde klargestellt, dass der Haftungsausschluss nicht bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln greift (so auch in Mediationsverfahren Artikel 13 WMR).

  • Artikel 46 Abs 2 WR enthält nunmehr eine Bestimmung zum Verzicht auf die Immunität von der Gerichtsbarkeit.

  • Die Muster-Schiedsklausel und die Muster-Mediationsklauseln wurden überarbeitet und neue Musterklauseln für Arb-Med-Arb Verfahren, VIAC als Ernennende und VIAC als Administrierende Stelle sowie für erbrechtliche Streigkeiten eingefügt (Anhang 1).

  • Die neuen Anhänge 4 und 5 enthalten detaillierte Regelungen für diejenigen Fälle, in denen VIAC als Ernennende oder Administrierende Stelle angerufen wird.

  • Anhang 6 enthält ergänzende Regeln für erbrechtliche Streitigkeiten, die den Besonderheiten von letztwillig angeordenten Schiedsverfahren Rechnung tragen.